Beginnt mit der Beobachtung, dass das Alte Testament in der frühesten christlichen Kunst dominanter ist als das Neue Testament.
Geht davon aus, dass es noch vor der frühchristlichen Kunst eine jüdische biblische Ikonographie gab, und zwar in...
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Beginnt mit der Beobachtung, dass das Alte Testament in der frühesten christlichen Kunst dominanter ist als das Neue Testament.
Geht davon aus, dass es noch vor der frühchristlichen Kunst eine jüdische biblische Ikonographie gab, und zwar in jüdischen Zentren des mittleren Osten (Pächt).
Diese jüdische Kunst greift nicht nur auf den biblischen Text zurück, sondern schöpft auch aus dem apokryphen Schrifttum, sowie der jüdischen Auslegungsliteratur (Midrasch).
Die spätere christliche Kunst greift auf diese jüdische Ikonographie zurück; darauf weisen verschiedene Echos des jüdischen Midrasch und der apokryphen Literatur, die in der späteren christlichen Kunst ihren visuellen Niederschlag fanden.
Geht auf das biblische Bilderverbot ein; dieses muss im Kontext der heidnischen Praktiken der jeweiligen Umgebung betrachtet werden: wenn eine Anbetung ausgeschlossen werden kann, bzw. wenn eine solche Anbetungspraxis in der Umgebung gar nicht existiert, steht der Kunstübung nichts im Weg (besonders wenn es sich um zweidimensionale Malerei handelt).
Schubert geht daher davon aus dass es bereits im 2. Jh. n.u.Z. jüdische Bilderzyklen gegeben haben mag. Einen unwiderlegbaren Beweis bieten die Wandmalereien der Synagoge von Dura Europos in Ostsyrien aus dem 3. Jh. (244).
Behandelt die biblische Ikonographie in Dura Europos vor dem Hintergrund des kanonischen Bibeltextes und der Midraschliteratur: Salbung Davids; Opfer der Baalspriester
Die Methodologie des Zurückgreifens auf die Midraschliteratur kann auch auf die christliche Kunst angewendet werden. Es gibt Bildthemen in denen der kanonische Bibeltext keine zufriedenstellende Deutung ermöglicht. Wenn die Midraschliteratur zu einem Verständnis der Ikonographie führt, kann unter Umständen mit einer älteren jüdischen Vorlage gerechnet werden.
Es gibt allerdings Traditionen, die sowohl in der Midraschliteratur als auch in patristischen Quellen auftreten. In solchen Fällen ist nicht mit einer jüdischen Bildvorlage zu rechnen.
Davon abgesehen wies die frühere Forschung auch verschiedentlich auf ikonographische Parallelen zwischen Malereien in der Synagoge von Dura Europos und späteren christlichen Beispielen. Da die Malereien der Synagoge nur elf Jahre lang bestanden, bevor sie dem Sassanischen Angriff zum Opfer fielen, konnten sie nicht direkt auf die christliche Kunst gewirkt haben. Schubert rechnet daher vielmehr mit gemeinsamen (jüdischen) Vorlagen (Beispiele: Gespräch zwischen Pharao und den israelitischen Hebammen im Ashburnham Pentateuch, dem altenglischen Heptateuch, und Bury St. Edmunds Psalter; Auffindung des Mosesknaben durch die im Wasser stehende Tochter des Pharao in den sogenannten Pamplona Bibeln, Navarra, ca. 1300).
Die Katakombe an der Via Latina wurde während verschiedener Phasen des 4. Jh. mit Wandmalereien vorwiegend alttestamentlichen Inhalts ausgestattet. Diese weisen ebenfalls mitunter midraschische Elements auf, was laut Schubert ebenfalls einen Hinweis auf jüdische Wurzeln der benutzten Vorlagen darstellt (Beispiele: Abraham trifft die drei Engel in Mamre; Pinhas bestraft Zimri und Kosbi).
Das gleiche Phänomen midraschischer Elemente in der Ikonographie läßt sich auch in der Wiener Genesis, sowie im Ashburnham Pentateuch beobachten. In der Wiener Genesis spielt vor allem die Josephsikonographie eine grosse Rolle, was vielleicht darauf schließen ließe, dass es im Judentum Bilderzyklen der Josephsgeschichte gegeben haben mag (Beispiele in der Wiener Genesis: Geschichte der Asnat, Frau des Josef; Josefs Verführung durch die Frau des Potiphar; im Ashburnham Pentateuch: Isaak und Ismael streiten um den Anspruch des Erstgeburtsrechtes; Rebekka im Lehrhaus des Sem).
Mitunter kehren solche Bildthemen, die in der frühchristliche Kunst auftraten, dann wieder in der späteren hebräischen Handschriftenillustration zurück (Gespräch zwischen Pharao und den israelitischen Hebammen in der Goldenen Haggada oder der Venezianischen Haggada; die Auffindung Moses in der Goldenen Haggada, der Kaufmann Haggada oder der Bilderbibel des venezianischen Holzschneiders Moses dal Castellazzo
Solche Elemente, die auf eine Berührung zwischen jüdischer und christlicher Kunst schließen lassen, verloren im Lauf der Jahrhunderte ihre Bedeutung.
Dieses Thema wurde in weiteren Details behandelt in Kurt Schubert (Hsg.), Spätantikes Judentum und frühchristliche Kunst (Studia Judaica Austriaca II), Wien 1974
(Autorin: Katrin Kogman-Appel)
Das dazugehörige Bildmaterial, welches vom Center of Jewish Art (Hebrew University, Jerusalem) zusammengestellt wurde findet sich unter: http://phaidra.univie.ac.at/detail_object/o:521471
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