Zu den Schwerpunkten der Methodik von Kurt und Ursula Schubert gehört der Versuch, Bezüge zwischen der mittelalterlichen und der spätantiken jüdischen figürlichen Kunst herzustellen. Die figürliche Kunst wurde im Judentum zwischen dem 3. und dem 7. Jh. gepflegt und dann erst wieder ab dem 13. Jh. (in Iberien ab ca. 1300). Zur Überbrückung der Periode zwischen dem 7. und dem 13. Jh. werden Beobachtungen midraschischen Einflusses in der christlichen Kunst herangezogen. Diese Methode basiert auf der sogenannten "Rezensionen-Theorie", die in den 40er Jahren von Kurt Weitzmann entwickelt worden war.
Der Vortrag beginnt mit einer kurzen Diskussion einiger spätantiker Beispiele, sowie kurzer Bemerkungen über die folgende Phase der Ikonophobie
Zahlreiche mittelalterliche sefardische Bibeln weisen zu ihrem Beginn doppel-(oder mehr-)seitige Darstellungen der Tempelgerätschaften auf: Parma-Bibel, (MS Parm 2668), Toledo, 1277; Paris (BnF, cod. Hébr. 7), Perpignan, 1299; London (BL, MS Kings 1), Solsona, 1388.
Figürliche Darstellungen gibt es in sefardischen Bibeln nur selten. Eine Ausnahme ist die sogenannte Cervera-Bibel (Lissabon, Biblioteca nacional, MS Il. 72), Cervera, 1299. Hier erscheint z.B. eine Darstellung des Meerwurfes des Jonas; Menorahvision des Zacharias; Kolophon des Malers.
Die Cervera-Bibel diente 1476 in Corunna als Vorlage zur Bemalung einer anderen Bibel, der sogenannten Ersten Kennicott-Bibel in Oxford (Bodl., MS Kenn. 1). In dieser Bibel wurden verschiedenartige Modelle verarbeitet, so z. B. Spielkartenmotive, die in Europa seit dem 14. und 15. Jh. sehr beliebt waren; "verkehrte Welt" (Katzen –und Mäusekrieg)
Pesach-Haggadot, hingegen wurden mit reichem figürlichen Bildschmuck ausgestattet: Goldene Haggada (London, BL, MS Add. 27210), Katalonien, ca. 1320 mit ausführlichen Bibldzyklen aus der Genesis- und Exodus- Geschichte; eine weitere Haggada in London (BL, MS Or. 2884); Sarajewo-Haggada (National-Museum von Bosnien und Herzegovina)
Als Bildvorlagen zu diesen Zyklen dienen christliche Bilderbibeln und Psalterhandschriften
In London liegt eine weitere Haggada (BL, MS Add. 14761), die aus dem Rahmen fällt, da sie relative wenige biblische Illustrationen enthält, dafür aber eine ganze Reihe textbezogener Randillustrationen vorwiegend rituellen Inhalts
Kopenhagen, More nevuchim des Maimonides (Königl. Bibliothek, cod, heb. 37), Barcelona 1348 mit einigen figürlichen Darstellungen zu Beginn der Bücher
1391 kommt es zu einer massiven Verfolgungswelle der Juden in ganz Iberien und 1492/1496 zur Vertreibung der Juden. Aus dem 15. Jh. sind dieser Krisen zufolge nur wenige voll bemalte Handschriften erhalten. Die erwähnte Erste Kennicott-Bibel ist eine der wenigen Ausnahmen.
(Autorin: Katrin Kogman-Appel)
Das dazugehörige Bildmaterial, welches vom Center of Jewish Art (Hebrew University, Jerusalem) zusammengestellt wurde findet sich unter: http://phaidra.univie.ac.at/detail_object/o:525992
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